Vor dem Hintergrund revolutionärer Unruhen in der Stadt und einem Gefühl größter Unsicherheit werden an einem einzigen Tag über 30.000 Taler abgehoben. Viele verängstigte Kunden wähnen in politisch unruhigen Zeiten ihr Erspartes zuhause sicherer als bei der Sparkasse. Der Vertrauensentzug führt zur schwersten Krise, die die Sparkasse Bremen in den ersten hundert Jahren ihres Bestehens erfahren sollte.
Als Folge der Revolutionsjahre werden überall im Land wie auch in Bremen Fahnen mit den Farben Schwarz, Rot und Gold gehisst.
»Wer also sein erspartes Geld der Sparcasse anvertraut, hat dasselbe ungleich sicherer belegt, als wenn er es selbst bei sich verwahrt oder an Privatpersonen ausleiht.«
Aus einem Aufruf des Direktoriums der Sparkasse Bremen vom 13. April 1848 als Reaktion auf Massenabhebungen
Die Sparkasse Bremen erhält Konkurrenz. Bremer Bürger, geistige Wegbereiter der 1848er-Revolution, gründen die „Neue Sparcasse”. Ihr Vorwurf an die ältere Schwester: Vernachlässigung der einkommensschwachen Bevölkerungsschichten zugunsten Besserverdienender.
Geschäftlich allerdings weniger erfolgreich, wird die Neue Sparcasse 1923 von der Sparkasse Bremen übernommen, damit auch ihr Klientel aus überwiegend Arbeiterschaft und Handwerk aufgefangen.
Actie Neue Spar-Casse (Quelle Buch: 175 Jahre Zukunft, S. 64)
Die ständige Zunahme des Geschäftsbetriebs macht eine Erweiterung notwendig. 1853 erwirbt die Sparkasse das Haus mit Adresse Obernstraße 11 (heute vermutlich 17–19), in dem sie bereits seit 1845 Mieterin war. Drei Jahre später entstehen an der Obernstraße die ersten Ladengeschäfte. Die vornehme Wohnstraße alter Bremer Ratsfamilien wird zur Hauptgeschäftsstraße.
Obernstraße 11, Erstes eigenes Geschäftsgebäude (Ansicht um 1850).
Mit der Lähmung der vom Handel mit Übersee geprägten bremischen Wirtschaft schwinden auch die Einlagen bei der Sparkasse. Auszahlungen übersteigen die Einnahmen. 1856/57 beantwortet sie einen beträchtlichen Auszahlungsüberschuss mit einer Erhöhung der Zinsen um 4 Prozent.
1859 kommt es zu einem erneuten Kassensturm. Um die Zahlungsfähigkeit zu erhalten, geht die Sparkasse erstmals dazu über, eine größere Anzahl leicht verkäuflicher Staatsanleihen als flüssiges Zahlungsmittel bereitzuhalten.
Unverheiratete Töchter sind unversorgte Töchter. Hier schaffen die „Nonnen-Actien”, benannt nach dem Sparkassengründer Dr. Simon H. Nonnen, Abhilfe.
125 Unvermählte erhalten anlässlich des 25. Geburtstages der Sparkasse Bremen eine steigende Leibrente auf Lebenszeit.
Wohnen ermöglichen: Den Einfamilienhausbau fördert die Sparkasse durch Vergabe von Hypotheken. In der Zeit von 1848 bis 1872 verleiht sie fast 9 Millionen Taler in ersten „Handfesten”, von denen 6 Millionen im gleichen Zeitraum zurückgezahlt werden.
Wohnen ermöglichen: Den Einfamilienhausbau fördert die Sparkasse durch Vergabe von Hypotheken. In der Zeit von 1848 bis 1872 verleiht sie fast 9 Millionen Taler in ersten „Handfesten”, von denen 6 Millionen im gleichen Zeitraum zurückgezahlt werden.
Bis 1850 hat sich die Sparkasse Bremen als Partnerin des wirtschaftlichen Lebens in Bremen etabliert. So wurden auch in Krisenzeiten Kredite an verschiedene Unternehmen vergeben:
Vor allem der Rohstoffimport trägt die Wirtschaft Bremens. Ab 1855 nimmt er stetig zu. Tabak und Baumwolle machen um 1860 zwei Drittel aller gesamten Bremischen Wareneinfuhren aus. Hinzu kommen Petroleum, Reis, Kaffee, Jute, Edelhölzer und Wolle.
Parallel entstehen mit bremischen Kaufmannskapital vor den damaligen Stadtgrenzen von Bremen, in Delmenhorst, Grohn und Blumenthal verarbeitende Industrien. Linoleum, Steingut- und Textilfabriken mit teilweise mehreren tausend Beschäftigten werden errichtet.
Schlachte, bis ins 19. Jahrhundert Hauptumschlagplatz für Schiffsgüter.
Am Bau des neuen städtischen Krankenhauses an der St.-Jürgen-Straße beteiligt sich die Sparkasse Bremen trotz unruhiger Zeiten mit dem Betrag von 50.000 Talern – als unverzinsliches Darlehen – vorausgesetzt, der Reservefonds wächst um denselben Betrag.
„... ist der Beschluss gefaßt, dass der Reservefond auf 150.000 Taler anwachsen, und erst, wenn dies geschehen ist, Verwendungen zu gemeinnützigen Zwecken gemacht werden sollen. Für diesen Fall und zum Bau eines neuen städtischen Krankenhauses 50.000 Taler bedingungsweise ausgelobt." (Die Sparkasse in Bremen, 1825 – 1925)
Historische Ansicht des Krankenhauses an der St. Jürgen-Straße, heute Krankenhaus Mitte.
Die Sparkasse Bremen kommt ihrem gemeinnützigen Auftrag auch in Krisenzeiten nach und unterstützt vor allem soziale Einrichtungen, darunter:
* Die in der Zeit verwendeten Begriffe haben heute eine negative Konnotation. Es waren aber zu der Zeit Einrichtungen, die vor dem Hintergrund tiefgreifender gesellschaftlicher Veränderungen die soziale Frage besonders in den Blick nahmen. So galt es Menschen mit körperlichen Einschränkungen zu unterstützen und Kinder vor Verwahrlosung zu schützen, dabei Vätern wie Müttern die außerhäusige Erwerbstätigkeit zu ermöglichen.
Am 16. November 1865 formiert sich das „Comité zur Bewaldung der Bürgerweide”, die Geburtsstunde des Bremer Bürgerparks. Ab 1868 und in den Folgejahren wird der Verein immer wieder mit beträchtlichen Zuwendungen der Sparkasse Bremen zur Verschönerung des Bürgerparks bedacht.
Plan von Wilhelm Benque aus dem Jahr 1866, darin enthalten der südliche Teil des Parks mit Anlage des Hollersees.
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